20 März 2007

Time to say goodbye

Ich wusste, es war das letzte Mal für lange, lange Zeit, als ich heute Morgen die Vantür zur Seite schob und auf ein glitzernd-blaues Meer blickte. Etwas traurig erhob ich mich, wir mampften Toastbrot und ich packte meine Sachen. Teilweise musste ich richtig mit den Tränen kämpfen, war doch der Woolly mein Zuhause geworden und die Mädels mir richtig ans Herz gewachsen. Doch die Zeit lässt sich nicht aufhalten. Das Leben geht weiter. Wir werden älter. Und ich grade wieder filosofisch.


Ein letztes Mal setzte ich mich ans Steuer, um unser rollendes Haus zwei Parkplätze weiter zu lenken, wo wir geschwind all mein Hab und Gut in Annie’s Auto umluden. Es war Zeit zum Abschied nehmen. Bis zur letzten Minute zögerten wir es raus, dann eine kurze Umarmung, und ich wandte mich zum Gehen. Soll heißen, eigentlich wandte ich mich und die Mädels gingen. Traurig, aber wahr. Viele, viele, sowohl lustige als auch ärgerliche Momente stiegen in mir hoch, als ich die folgenden fünf Stunden Teller und Tassen spülte, und dennoch muss ich sagen, es war einfach nur klasse, mit euch reisen zu dürfen. Ich glaube, ich hätte keine cooleren Kollegen finden können, um diesen einmaligen Roadtrip zu begehen. Ich werde ihn immer in Erinnerung behalten. Und euch auch. Bin grade minimal melancholisch…


Wie genau die Arbeit war, vermag ich nicht mehr zu sagen, ich war zu sehr mit nachdenken beschäftigt. Aber was danach kam, realisierte ich wieder vollkommen: Eigentlich hatte ich angedacht, mich nun mit Annie zu ihr zu begeben, um dort mein Zimmer zu beziehen. Pustekuchen. Annie saß halb aufgelöst auf einer Bank und schluchzte mir vor, wir zwei beiden werden die nächste Woche campen gehen. Relativ schockiert ob dieser Neuigkeit wollte ich die Gründe erfahren, und jene sind Folgende: Irgendjemand hat wohl beim Gesundheitsamt gepfiffen, dass Annie Kekse verkauft, und an denen irgendwas falsch sei. Annie vermutet, dass es ihr Ex-Mann gewesen wäre, und möchte deshalb Abstand von ihm gewinnen. Morgen früh kommt nun ein Inspekteur vom Gesundheitsamt und wird Annie’s Küche abchecken, ob die sauber ist und all solcher Scherze. Wenn’s schief geht, darf sie nichts mehr auf dem Markt verkaufen, und eine wichtige Einkommensquelle fällt weg. Ich hab ihr erst mal ordentlich meine Meinung gegeigt, dass sie ihren Ex endlich aus ihrem Haus werfen soll, aber das hat sie irgendwie nicht gerafft. Also, gerafft schon, aber sie wollte es nicht durchsetzen. Audrey zu Liebe, wie sie sich selbst vorlügt…


Laura erfreute mich mit den News vom deutschen Wintereinbruch, und dann gingen Annie und ich Audrey abholen und nach Hause. Dort saß natürlich auch schon wieder ihr Ex-Mann breit im Sessel und stritt alles ab. Whatever. Ich werde mich da fein raushalten. Dachte ich.
Annie hatte nämlich andere Pläne: Wenn das Gesundheitsamt kommt, muss alles blinken. In der Küche. Dachte ich. Annie fing an, im Garten ein Loch zu graben und darin Erde zu verbuddeln. Klingt komisch? Ist aber so. Wir entleerten alle vorhandenen Blumentöpfe in dieses Erdloch und stapelten sie ineinander. Warum? Keinen Plan. Vielleicht glaubt das Gesundheitsamt, sie bäckt im Garten? Oder Kekse wachsen am Strauch? Whatever. Weiter ging’s zum Schuppen: Erst mal alles von vorne nach hinten schmeißen, um vorne dann Stühle rein zu stellen. Warum? Nun ja, das Gesundheitsamt sieht es bestimmt nicht gerne, wenn Stühle im Garten rumstehen. Oder? Nach harter Knochenarbeit machten wir eine Kekspause. Warum? Nun, damit ich Annie mal wieder meine Meinung geigen konnte. Ich erklärte ihr, wie man Kinder erzieht, ich belehrte sie, warum es für alle Beteiligten das Beste sei, den Ex-Mann raus zu kicken, ich beruhigte sie, dass das Gesundheitsamt bestimmt voll lässig drauf ist und ihr nicht die Lizenz zum Kekse verkaufen entziehen wird und erzählte ihr so manch eine Anekdote aus meinem bewegten Leben. Was ich als Antwort bekam, war zwar schmeichelhaft („Chris, you’re so mature… so mature…“ „You’re so wise!“ „If I only was as strong as you are…“ „If you were a few years older….“), aber absolut unbefriedigend, weil ich genau weiß, dass ich mich ebenso toll mit der verbuddelten Erde hätte unterhalten können, denn sie wird ihren Ex-Mann nicht rauswerfen und auch ihrem Kind weiterhin jeden einzelnen Wunsch erfüllen, seien es nun Smarties oder ein Smart. Schade eigentlich.
Und weiter ging’s mit der Arbeit: Mein Zimmer musste erst mal begehbar gemacht werden, bevor ich einziehen konnte (Liz & Conny, ihr wisst, wovon ich spreche, ne?). Berge von Kuscheltieren und Klamotten mussten bei Seite geschafft werden, und das nur, um Berge von Müll und Staub frei zu legen. Grausam, wie der Raum aussah! Nach ungefähr einer Stunde allerhärtesten Schuftens konnte ich schließlich mein Bett beziehen, doch ins Hochbett darf ich nicht, das könnte herunter krachen, ich muss auf der unbequemen Matratze unten drunter pennen. Die Frau hat bisweilen schon einen an der Klatsche.


Ich glaube, ohne Liz & Conny ist das ziemlich schwierig auszuhalten. Wenn ich nächste Woche nicht mehr Arbeit habe, mach ich mich dünne, habe ich beschlossen. Entweder kriege ich einen zweiten Job oder einfach mehr Stunden als Tellerwäscher, das ist egal, aber so werde ich nicht reich. Und glücklich wohl auch nicht.

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